Nierenszintigraphie

Was ist eine Nierenszintigraphie?

Die Nierenszintigraphie ist ein bildgebendes Diagnoseverfahren zur Darstellung der Funktion, Form und Lage der Niere. Es gibt zwei Möglichkeiten der Durchführung einer Nierenszintigraphie:

  1. Die dynamische Aufnahme:
    d.h. Echtzeitbeobachtung beider Nieren bei der Anflutung, Anreicherung und der Ausscheidung der verabreichten radioaktiven Substanz (Tracer) im Seitenvergleich. Dafür werden 99mTc-Mercapto-acetyltriglycin (MAG3) oder 99mTc-Diethylen-triamin-pentaessigsäure (DTPA) verwendet.

  2. Die statische Aufnahme:
    d.h. eine Momentaufnahme der Substanzanreicherung in dem funktionsfähigen Nierengewebe im Seitenvergleich. Dafür wird 99mTc- Di-Mercaptobernsteinsäure (DMSA) verwendet.


Diese mit Technetium (99mTc) markierten Stoffe sind schwach radioaktiv und werden in eine Vene injiziert.
 

Das verabreichte Radionuklid sendet eine Strahlung aus, die sogenannte Gammastrahlung, die von ihren Eigenschaften der Röntgenstrahlung sehr ähnelt. Diese vom Körper ausgehende Strahlung wird von einer Gammakamera bzw. einer sehr empfindlichen Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie (SPECT)-Kamera erfasst, die die Informationen zu mehreren Bildern der Nieren verarbeitet, die so genannte Nierenszintigramme. Die dabei erfasste Strahlung kommt nicht von der Gammakamera, sondern vom Patienten selbst (Quelle1).
 
Unsere Abteilung ist mit der modernsten Technik ausgerüstet (siehe SPECT/CT), die Ihnen neben bestmöglichem Komfort und eine niedrige Strahlenbelastung bei gleichzeitig exzellenter Bildqualität bietet.




Warum benötige ich diese Nierenszintigraphie?

Die Hauptindikationen für eine Nierenszintigraphie sind:
1. Dynamische Untersuchung
1.1 MAG 3: Überwiegend tubuläre Sekretion, d.h. die radioaktive Substanz wird von dem Nierenkanälchen abgegeben
• Abklärung von Nierenbeckenerweiterungen und Relevanzbestimmung von Harnabflussstörungen, z. B. bei Harnleiterstenosen, Nierensteinen oder Nierentumoren
• Seitengetrennte Nierenfunktion vor Nieren-OP oder bei Nierenanomalien wie Beckenniere oder Schrumpfniere
• Teilfunktionsbestimmung bei Doppelnieren
• Darstellung des Rückflusses des Harns von der Harnblase in den Harnleiter (vesikouretraler Reflux = VUR)
• Abklärung von schwer einstellbarem Bluthochdruck bei Verdacht auf eine renovaskuläre Hypertonie, d.h. Bluthochdruck aufgrund einer Nierenerkrankung
• Postoperative Verlaufskontrolle bei operativ versorgter Verlegung oder Verengung der Harnwege
• Bei Verdacht auf eine Urinleckage nach einer Nieren-OP
• Bestimmung der tubulären Clearance, d.h. Bestimmung der Ausscheidung der Substanz über die Nierenkanälchen pro Zeiteinheit

1.2 DTPA: Glomeruläre Filtration, d.h. die Filterleistung der Nierenkörperchen
• Nierenfunktionsbestimmung vor einer Nierenlebendspende
• Beurteilung von Transplantatnieren
• Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate, d.h. Bestimmung der Filterleistung der Nierenkörperchen über einen Zeitraum
• Aufgrund der schnellen und einfachen Herstellung ist das Radiopharmazeutikum auch für die Notfalldiagnostik geeignet: z. B. zum Ausschluss eines Nierentraumas, einer Nierenperfusionsstörung, Abklärung einer Anurie (= Harnausscheidung unter 100 ml am Tag) oder eines akuten Harnaufstaus.
Normalerweise ist die Bildqualität bei DTPA etwas schlechter als bei MAG3.
2. Statische Untersuchung mit DMSA, tubuläre Fixation, d.h. Speicherung in den Zellen der Nierenkanälchen
Die Untersuchung wird oft bei Kindern durchgeführt.
• Ergänzend zur Ultraschalluntersuchung (Sonographie) und falls eine MRT nicht möglich / kontraindiziert ist

• Darstellung von fokalen Veränderungen des Nierengewebes, z. B.:
  • Narben nach Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis)
  • Defekte bei chronischen/wiederkehrenden Niereninfarkten, auch im Verlauf
  • Funktionsverlust nach Nierentrauma


• Nachweis einer akuten Nierenbeckenentzündung bei lang anhaltendem fieberhaftem Harnwegsinfekt mit starker CRP-Erhöhung

• Zum Ausschluss / Nachweis von Komplikationen einer vorangegangenen Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis), die sechs Monate zurückliegt


• Anatomische Anomalien wie fehlende Niere (Nierenagenesie), zu kleine Niere, zusätzliche Niere / Doppelniere, Hufeisenniere, Beckenniere

• Restfunktion bei multizystischen Nieren oder Schrumpfniere

Welche Risiken birgt eine Nierenszintigraphie?

Allergische Reaktionen auf die verwendeten Substanzen sind sehr selten. Die Menge des verabreichten Radionuklids ist vergleichsweise gering, sodass keine Vorkehrungen gegen radioaktive Strahlung getroffen werden müssen.
Schwangerschaft und Stillzeit gelten laut der Deutschen Leitlinie als relative Kontraindikationen für die Durchführung einer Nierenszintigraphie (Quelle2).
Muss die Untersuchung während der Stillzeit durchgeführt werden, dann sollte laut Empfehlung des deutschen Bundesverbands der Nuklearmediziner die Brustfütterung des Kindes für bis zu 24 Stunden ausgesetzt werden (Quelle3).


Wie bereite ich mich auf eine Nierenszintigraphie vor?

Bitte bringen Sie einen aktuellen Kreatinin-Wert (Blutwert) mit.

Untersuchungen mit Kontrastmittel sollten möglichst 3 Tage zurückliegen.

Für dynamische Nierenuntersuchungen (MAG3/DTPA) gilt:
 
!!! Viel Flüssigkeit trinken !!!

 Sehr wichtig vor einer Nierenszintigraphie ist eine gute „Wässerung“ des Körpers. Daher sollten Erwachsene ca. 30 min vor der Untersuchung ca. 500-750 ml Flüssigkeit zu sich nehmen, bzw. Säuglinge vorher gestillt werden.

!!! Medikamente !!!

  • Entwässernde Medikamente (Diuretika) wie z. B. Hydrochlorothiazid (Esidrix®), Furosemid (Lasix®), Torasemid (Torem®) oder Spironolacton (z. B. Aldactone®) könnten die Ergebnisse der Untersuchung verfälschen, daher sollten diese, wenn möglich (Rücksprache mit dem/der behandelnden Arzt/Ärztin!), am Tag der Untersuchung pausiert werden.

  • Bei Verdacht auf Nierenarterienverengung als Ursache für den therapieresistenten Bluthochdruck wird ein Zweitagesprotokoll angewendet: Beim ersten Termin erfolgt die Durchführung der Untersuchung unter Einnahme von ACE-Hemmern und beim zweiten (Termin) die Untersuchung ohne ACE-Hemmer (Rücksprache mit behandelndem/r Arzt/Ärztin!). Bei dem Termin ohne ACE-Hemmer sollten Enalapril/Lisinopril für 96 Stunden und Captopril für 48 Stunden abgesetzt werden. Diese beide Untersuchungen können auch falls erforderlich, am selben Tag hintereinander erfolgen. Nach der Untersuchung können die oben genannten Medikamente wieder ganz normal eingenommen werden.

    Untersuchung bei Kleinkindern

  • Kleinkinder im Alter von 1-4 Jahren brauchen vor der Untersuchung meist eine Sedierung („Dämmerschlaf“), um ruhig zu liegen. Bitte bringen Sie abgesehen von der Überweisung alle relevanten Berichte mit: vor allem Befunde früherer Nierenszintigraphien und auch die CDs oder Bilder zuvor durchgeführter Untersuchungen wie z.B. Nierensonographien. Bitte bringen Sie - falls vorhanden - Ihren aktuellen Medikamentenplan mit.

  • Wenn Sie schwanger sind oder vermuten, schwanger zu sein, oder stillen, wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt oder Ihre behandelnde Ärztin, bevor Sie die Untersuchung planen. Weitere Möglichkeiten besprechen wir gerne mit Ihnen und Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.

  • Wenn eine weibliche Begleitperson zu dieser Untersuchung mitkommen sollte, ist es wichtig, dass diese nicht schwanger ist.

  • Bringen Sie bitte keine Kinder als Begleitpersonen mit!

Wie läuft eine Nierenszintigraphie ab?

Am Tag der Untersuchung wird nach der Anmeldung zuerst Ihre Anamnese erhoben. Sie werden u.a. nach Gewicht, Größe und Vorerkrankungen, insbesondere Nierenerkrankungen (z. B. Nierensteine, Nierentumor, Nierenentzündung) oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen gefragt, der Blutdruck wird gemessen und die Indikation einer Nierenszintigraphie wird vor der Gabe der radioaktiven Substanz erneut von uns geprüft. 

Sie werden aufgefordert eine Einverständniserklärung zu unterschreiben, in der Sie Ihre Einwilligung zur Durchführung der Nierenszintigraphie geben. Lesen Sie das Formular sorgfältig durch und stellen Sie Fragen, falls Ihnen etwas unklar erscheint.
 
Zur Vorbereitung werden Ihnen ca. 2 Becher Wasser zu trinken gegeben.
 
Unmittelbar vor der Untersuchung müssen Sie Ihre Blase entleeren.
 
Bei einer dynamischen Nierenuntersuchung wird der Tracer (MAG3 oder DTPA) im Liegen auf der Kameraliege in eine Vene verabreicht und unmittelbar danach die Kameraaufnahmen gestartet.
 
  • Dauer: normalerweise bis 30 Minuten
  • Bei entsprechender Fragestellung kann die Untersuchung mit einer Refluxprüfung kombiniert werden, d.h. es wird untersucht, ob der Harn spontan oder bei Druckausübung in den Harnleiter zurückfließt. < <
  • Bei deutlich verlangsamtem Harnabfluss wird nach Ausschluss von Nierensteinen ggf. ein Diuretikum verabreicht und zusätzliche Aufnahmen in den folgenden 15-20 Minuten durchgeführt.
  • Berechnung der Clearance bzw. Filtrationsrate: entweder Kamera-basiert oder durch Entnahme von Blutproben zu definierten Zeitpunkten (z. B. MAG3 20 und 25 min p.i.; DTPA 1 h und 3 h p.i.)
 
Bei der statischen Nierenuntersuchung wird die radioaktive Substanz (DMSA) ca. 2-3 Stunden vor der Aufnahme in die Vene verabreicht. Die Aufnahmen dauern insgesamt ca. 20-30 Minuten.
 
Während der Aufnahmen ist es wichtig, ruhig auf dem Scantisch zu liegen, da jede Bewegung die Qualität des Scans beeinträchtigen kann. Die Kameraköpfe bewegen sich während der Aufnahme langsam um Sie herum, werden Sie dabei aber nicht berühren.
Bei der statischen Untersuchung wird eine dreidimensionale Schichtaufnahme, eine sogenannte SPECT (ggf. + CT) durchgeführt, um kleinste Veränderungen genau erkennen zu können.

Was passiert nach der Nierenszintigraphie?

Stehen Sie bitte nach der Untersuchung ganz langsam auf und bleiben Sie bei Schwindel kurz sitzen. Bei Herz-Kreislauf-Problemen wird der Blutdruck gemessen.
 
Bevor Sie von unserem Team verabschiedet werden, werden Ihre Bilder überprüft, um sicherzustellen, dass wir über aussagekräftiges Bildmaterial verfügen.
 
Die Bilder inkl. therapierelevanter Auswertungen werden Ihnen kurz nach der Untersuchung ausgehändigt. Der schriftliche Befund wird bei Routineuntersuchungen Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin binnen 2-3 Tagen zugesandt.
 
Wichtig! 
Sie sollten in den nächsten 24 Stunden nach Ihrer Nierenszintigraphie keine anderen nuklearmedizinischen Untersuchungen durchführen lassen.
 
Nach der Untersuchung dürfen Sie Ihre normalen Aktivitäten wieder aufnehmen. Bitte trinken Sie viel, damit die restliche Radioaktivität schnell ausgeschieden wird. Sollten Sie Diuretika oder ACE-Hemmer vor der Untersuchung abgesetzt haben, dann können Sie diese im Anschluss einnehmen.

Quellen:
1- Ahmadzadehfar H. et al. Clinical Nuclear Medicine, 2. Auflage; Verlag: Springer. 2020
2- Leitlinie für die Nierenszintigraphie der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin. 2013
3- Bundesverband Deutscher Nuklearmediziner
https://www.berufsverband-nuklearmedizin.de/patienten/faq/
Telefon: 0 231 922-1651
Fax: 0 231 922-1653


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